geboren: 25.1.1889, Konstanz 26.11.1926 Einweisung Anstalt Reichenau Ermordet 24.7.1940 'Heilanstalt' Grafeneck |
Zumsteinstasse 2 heute |
Stolperstein für Friedrich Leib, verlegt am 22.5.2009 |
Bruder: Ivan LEIB; Schwägerin: Hedwig LEIB
Friedrich (Fritz) Leib wurde am 25. Januar 1889 in Konstanz geboren und jüdisch getauft. (Seine Akte ist im Staatsarchiv Freiburg nur unter "Fritz Leib" zu finden).
Er war das vierte von sechs Kindern von Ida Leib (geborene Bloch) und dem Kaufmann Jakob Leib, der 1912 das Haus an der Marktstätte 19 erbaute und dort ein Geschäft für Herrenartikel führte, das sich später zur "Hemdenfabrik Leib" entwickelte.
Friedrich Leib war Anhänger der Anthroposophie. 1913 wurde er, zusammen mit seiner Schwägerin Hedwig Leib, Mitglied der Anthroposophischen Gesellschaft, die damals ihren Sitz in Berlin hatte. Im Mai 1914 war er, wieder zusammen mit seiner Schwägerin Hedwig Leib, Gründungsmitglied der anthroposophischen Gruppe „Parcival“ in Kreuzlingen und übernahm dabei die Funktion des Schriftführers. Im Juni 1924 wurde er Hörer der kurz zuvor in Dornach bei Basel (Kanton Solothurn) gegründeten Freien Hochschule für Geisteswissenschaft. Judentum und Anthroposophie waren für Friedrich Leib keine Gegensätze. Rudolf Steiner, der Begründer der Anthroposophie, hatte stets die positive Bedeutung des Judentums für die europäische Kultur betont und den Antisemitismus immer abgelehnt und als „Kulturkrankheit“ bezeichnet.
Friedrich war Soldat im 1. Weltkrieg, aus dem er mit 29 Jahren, psychisch schwer angeschlagen, zurückkehrte. Er wohnte dann bei seinem Vater an der Marktstätte, seine Mutter war bereits 1908 gestorben. Friedrich interessierte sich nicht für den Kaufmannsberuf, sondern war mit Konstanzer Künstlern, u.a. dem Maler Hans Breinlinger, Teilhaber am sogenannten "Künstlerhäusle", einem Rokoko-Gartenhäuschen, gegenüber der Stephansschule an der Unteren Laube 5a. Dieses "Künstlerhäusle", auch "Breidablik" genannt, wurde am 12. Juli 1919 eröffnet. 1965 wurde das "Künstlerhäusle" abgerissen.
Künstlerhäusle "Breidablik", 1920er-Jahre |
In diesen Jahren erfüllte sich Friedrich seinen Traum: er wollte Opernsänger werden. Obwohl er weder vom Vater noch von seinem Bruder Ivan finanziell unterstützt wurde, konnte er sein Studium beenden und erhielt eine Anstellung am Theater in Aschaffenburg.
Auf Grund seiner psychischen Erkrankung kehrte er nach Konstanz zurück und zog wieder zu seinem Vater, der mittlerweile in der Zumsteinstr. 2 lebte. Immer wieder in psychiatrischer Behandlung,wurde er am 26. November des Jahres 1926 in die Heil- und Pflegeanstalt Reichenau eingewiesen. Dort war er bis zum Jahr 1940.
Im Alter von 51 Jahren wurde er am 24.7.1940 zusammen mit 74 weiteren Patienten in die Tötungsanstalt deportiert und dort am selben Tag vergast und eingeäschert.
Im Staatsarchiv Freiburg findet man einen Brief vom 30.9.1940 (zu diesem Zeitpunkt war Friedrich Leib bereits 2 Monate tot). Aus diesem Brief geht hervor, dass "Herr Israel Spiegel", Konstanz, Bahnhofstr. 12, in seiner Funktion als gerichtlich bestellter Pfleger, sich nach dem Befinden von Herrn Leib erkundigte. Israel Spiegel war aller Wahrscheinlichkeit nach der jüdische Anwalt Leopold Spiegel. In einem Antwortschreiben wird er lapidar an das Ministerium des Innern in Karlsruhe verwiesen. Dieser Brief erreichte Leopold Spiegel nicht mehr: Am 22.10.1940 wurde er, zusammen mit 108 weiteren Konstanzer Juden, in das Lager Gurs in Südfrankreich deportiert, 2 Jahre später in Auschwitz ermordet.
Recherche: Roland Didra Patenschaft: Frau Kohlhaas |
Quellen: Staatsarchiv Freiburg, Findbuch 822/3 Heil- und Pflegeanstalt Konstanz-Reichenau, B 822/3, Nr. 501 Stadtarchiv Konstanz, Einwohnermeldekarten vor 1945 Opferliste Grafeneck (Privatarchiv Didra) Goetheaneum Dornach |