Rede zur Verlegung des Stolpersteins für die Synagoge Konstanz von Bea Muhlfelder-Bravmann |
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verlesen am 27.06.2014
(da Bea Muhlfelder aus gesundheitlichen Gründen nicht reisen konnte)
"I have been asked to tell you what I would have said if my health had permitted my being here today for this so important an event. I can, however, tell you of my feelings on my previous visits, and of the laying of the Stolpersteine in front of the house in which I was born, Sigismundstrasse 21. Whenever I approach and turn the corner into "my street" I am overwhelmed by conflicting emotions. Immediately I think of the little girl who on the morning of November 1st, 1935 sat with Peter Guggenheim on the curb of his family"s house, and watched the firemen and volunteers try to save our synagogue. It was our Kristallnacht. I was not here for the second. My father, Jakob Bravmann, was the Cantor of the congregation. A Cantor sings the prayers. The Rabbi reads the prayers. Since we lived next door to the synagogue, I spent most of my playing days in the beautiful garden surrounding it. There I taught the boys to climb the tree that separated the garden from my house. It was there that my friends and I ate the pears from the tree in back of the building. It was there that I was filled with pride to hear my father chant the hymns during services. I remember so well when the synagogue was rebuilt and rededicated in 1938, and the joy and pride I felt at being a part of it. And then there was the anger and the sadness when we learned after the war that a commercial building was located on the holly ground where it had stood. And now, today, there will be stone, a Stumbling Stone, a Stolperstein to let passerbys bow their heads and remember the Synagogue that once stood here, the community that once existed, and the people whose lives were so cruelly taken. I hope the stone will also be a testament to those whose work is dedicated not only to remembrance but also to building a better future." |
(Übersetzung) Ich wurde gebeten Ihnen mitzuteilen, was ich gesagt hätte, hätte mein Gesundheitszustand es mir erlaubt, heute bei diesem so wichtigen Ereignis dabei zu sein. Aber so bleibt mir nur, Ihnen meine Empfindungen bei vorherigen Besuchen und bei der Verlegung der Stolpersteine vor meinem Geburtshaus in der Sigismundstraße 21 zu schildern. Wann immer ich komme und um die Ecke in „meine" Straße abbiege, werde ich von widersprüchlichen Gefühlen überwältigt. Ich denke sofort an das kleine Mädchen, das am Morgen des 1. November 1935 [sic!, gemeint ist 1936] mit Peter Guggenheim auf dem Bürgersteig gegenüber vor dem Haus seiner Familie saß und den Feuerwehrleuten und Freiwilligen zusah, die versuchten, unsere Synagoge zu retten. Das war unsere persönliche Kristallnacht. Bei der zweiten [1938] war ich schon nicht mehr in Konstanz. Mein Vater, Jakob Bravmann, war Kantor der Gemeinde. Der Kantor singt die Gebete. Der Rabbi spricht die Gebete. Da wir direkt neben der Synagoge wohnten, verbachte ich meine Spielzeit meist in dem schönen Garten, der die Synagoge umgab. Dort brachte ich den Jungs bei, auf den Baum zu klettern, der diesen Garten von meinem Haus trennte. Und dort aßen meine Freundinnen und ich die Birnen von dem Birnbaum hinter dem Haus. Und dort hörte ich auch voller Stolz meinen Vater bei den Gottesdiensten die Choräle singen. Ich erinnere mich gut an den Wiederaufbau des Synagoge, ihre Wiedereinweihung 1938 und an das Gefühl von Stolz und Freude, an diesem Ereignis teilzunehmen. Und dann kamen der Zorn und die Trauer, als wir nach dem Krieg hörten, dass auf dem geheiligten Boden der Synagoge ein Geschäftshaus stünde. Und jetzt, heute, wird hier ein Stein, ein Stolperstein liegen, damit Passanten sich verneigen und an die Synagoge denken, die hier einst stand, und an die Gemeinschaft, die es hier einst gab, und an die Menschen, denen so grausam das Leben genommen wurde. Ich habe die Hoffnung, dass dieser Stein auch Zeugnis ablegt für diejenigen, deren Arbeit nicht nur der Erinnerung gewidmet ist, sondern auch der Errichtung einer besseren Zukunft.“ |
siehe dazu auch die Erinnerungen von Beate Bravmann-Muhlfelder sowie die Verlesung ihrer Ansprache bei der Verlegung der Stolpersteine für Klara und Trudy Rothschild: |