Stolperstein für Josefine RENKER verlegt am 08.09.2013
Josefine RENKER (geb. Schlegel) wurde am 13.02.1889 in Konstanz / Allmannsdorf geboren. Ihr Leben lässt sich nur anhand einiger Fakten bruchstückhaft skizzieren, da es keine Nachkommen mehr gibt und Schriftstücke nicht zu finden sind.
Sie war verheiratet mit dem ebenfalls in Konstanz, im Ortsteil Staad, gebürtigen Karl Leo Renker (geb. am 31.08.1891). Er war Soldat im 1. Weltkrieg, kämpfte 1916 in der Schlacht um Verdun und kam schwerhörig nach Konstanz zurück. Er arbeitete als Nachtwächter bei der Firma Zelte-Stromeyer. Das Ehepaar hatte 2 Kinder: Ernst Josef, geb. am 10.07.1924 und Karl Johann, geb. am 22.08.1928.
Drei Jahre nach der Geburt des zweiten Sohnes wurde Josefine RENKER am 02.07.1931 in die Heil- und Pflegeanstalt Reichenau eingewiesen. Es hieß, sie wäre geistig nicht mehr zurechnungsfähig gewesen.
Zu diesem Zeitpunkt lebte die Familie in der Bachgasse 8.
Die beiden Kinder kamen im Jahr 1934 zu einem Halbbruder des Vaters nach Kluftern, in der Nähe von Friedrichshafen. Im Jahr 1940 erfuhren sie vom Tod ihrer Mutter. Man sagte ihnen, sie sei an Tuberkulose verstorben. Zwei Jahre später verstarb der zweitgeborene Sohn Karl Johann. Der Ältere zog zurück zum Vater nach Konstanz in die Hoheneggstr. 80, bevor er von 1942 bis zum Kriegsende Soldat in der dt. Wehrmacht war.
Josefine RENKER war 9 Jahre Patientin in der Heil-und Pflegeanstalt Reichenau. Der Grund für diese lange Aufenthaltsdauer wird wohl immer ein Geheimnis bleiben. Ende 1939 begann die sogenannte . Die Heil-u. Pflegeanstalten mussten Meldebögen abgeben mit den Namen der Patienten, die sich mindestens 5 Jahre dauernd in Anstalten befanden. Diese Angabe wurde Josefine Renker zum Verhängnis. Am 27.06.1940, im Alter von
51 Jahren, wurde sie zusammen mit 74 weiteren Frauen in den sogenannten von der Reichenau abgeholt. Sie wurden in einer etwa 2,5 Std. Fahrt in die 110 km entfernte auf der schwäbischen Alb deportiert und am selben Tag vergast und eingeäschert.
43 Jahre später, im Jahr 1983, wurde die Urne zusammen mit denen von weiteren 196 Opfern des Nazi-Terrors in Kellerräumen des Konstanzer Friedhofs gefunden. Auf der Urne vermerkt war ein Todesdatum und der Ort Sonnenstein (gemeint ist eine weitere Tötungsanstalt Sonnenstein bei Pirna in Sachsen). Beides war frei erfunden, um mögliche Nachforschungen zu erschweren.
Josefine Renkers Urne wurde, gemeinsam mit den anderen aufgefundenen Urnen von "Euthanasie"-Opfern, an einem Mahnmal auf dem Konstanzer Friedhof bestattet. Ihr Name ist auf einem Gedenkstein zu finden.
Gedenkstein für Josefine RENKER Gedenkstätte Hauptfriedhof Konstanz (Zustand August 2020)
Gedenkstätte für 182 "Euthanasie"-Opfer Konstanz, Hauptfriedhof
Foto: Roland Didra
Recherche: Roland Didra
Patenschaft: Alexander STIEGELER
Quellen:
Staatsarchiv Freiburg, Findbuch 822/3 Heil- und Pflegeanstalt Konstanz-Reichenau, B 822/3, Nr. 436
Stadtarchiv Konstanz, Einwohnermeldekarten vor 1945
Material Faulstich: Kopien der Originaltransportlisten der Aktion T 4