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Stolpersteine Konstanz

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Alfred KLEINBERGER, 1893 - 1965

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geb. 15.2.1893

Flucht 1938

Schweiz

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Schulstrasse 3
heute (Juli 2016)

Foto: © Wolfram  Mikuteit

Wo jetzt (2016) ein Parkplatz ist, stand früher das Haus Schulstr. 3

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Stolperstein für Alfred KLEINBERGER
verlegt am 03.07.2016

Ehefrau: Elise KLEINBERGER  Tochter: Thea KLEINBERGER

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Alfred KLEINBERGER (rechts) mit Ehefrau Elise (links) und Tochter Thea (Mitte), 1934
 
Auf der Rückseite beschriftet:
"bevor wir Deutschland verliessen
letzte Aufnahme der Familie Alfred Kleinberger
in Deutschland"
 
 

Alfred Kleinbergers Vater starb, als er noch keine drei Jahre alt war. Er hatte noch einen jüngeren Bruder, Moritz (geb. 4. Juli 1894), Er stammte aus einer sehr großen Familie und hatte viele Cousinen und Cousins von denen die meisten in Odenbach/Glan geboren sind und viele, auch in Berlin und in der Schweiz, in der Textilbranche tätig waren.

Nach Erhalten seines Einjährigenreifezeugnisses absol­vierte er von 1908 bis 1911 eine Ausbildung zum kauf­männi­schen Angestellten im Textilgeschäft, genauer in der Baumwollbranche, in Sterkrade.

Er diente im Ersten Weltkrieg als Infanterist und wurde am 17. November 1917 mit dem Militär-Verdienstkreuz ausgezeichnet.

 

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Alfred KLEINBERGER als Soldat im Ersten Weltkrieg, 1917
 

 

Zwischen 1911 bis 1921 lebte er zeitweise auch im schweizerischen Kanton St. Gallen. Dort hatte ein Onkel, Leopold Kleinberger, ein Unternehmen zur Produktion von Taschentüchern gegründet - die Firma Kleinberger & Co., die zu einem bedeutenden St. Galler Textil­unter­nehmen wurde. Trotz der geplanten Heirat mit Elise Weil, die in Bern lebte, bekam Alfred Klein keine Erlaubnis auf weiteren Aufenthalt und Niederlassung in Bern und musste die Schweiz bis Juni 1921 verlassen.

Seit dem 16. Februar 1922 war er in Konstanz gemeldet. Hier heiratete er am 28. Mai 1922 Elise Kleinberger (geb. Weil). Sie lebten in einer geräumigen Wohnung in der Schulstraße 3, dort kam auch ihre einzige Tochter Thea im November 1923 zur Welt.

 

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Alfred KLEINBERGER, 1925
 

 

Alfred war 1925 bis 1926 Mitbegründer und Geschäftsführer der Taschentuchfabrik Kleinberger und Co., die, wie bereits erwähnt, seinem Onkel in der Schweiz gehör­te. Aufgrund von Zwistigkeiten in der Geschäfts­­führung beendete er sein Arbeitsverhältnis hier und war von Januar 1927 bis Dezember 1930 als Reisender in der oberhessischen Leinenindustrie tätig, bis er sich 1930 in Konstanz selbstständig machte und zusam­men mit seiner Frau ein Damenkonfektions­geschäft als Etagenladen in der Schulstraße 3 führte.

Ab Januar 1932 arbeitete er zusätzlich auch wieder als Angestellter der Taschentuchfabrik Kleinberger und Co. in Konstanz.

Zeitweise lebte auch Alfreds kriegsversehrter Bruder Moritz bei ihnen, der sich zur Erholung und „Nerven­stärkung“ bei der Familie seines Bruders aufhielt.

Moritz KLEINBERGER, Bruder von Alfred KLEINBERGER

Moritz KLEINBERGER,
Bruder von Alfred KLEINBERGER

Moritz, der ebenfalls eine Ausbildung zum Textilkauf­mann absolviert hatte, litt infolge von im Ersten Welt­krieg als Infanterist erlitte­nen Verletzungen und Trau­mata an schwerwiegen­den psychi­schen Störun­gen und war seitdem nicht mehr fähig zu arbeiten und selb­ständig zu wohnen. Für eini­ge Zeit war Moritz auch in der Groß­herzoglichen Heil- und Pflegeanstalt bei Kon­stanz sowie vom 1. Mai 1931 bis 12. Juli 1938, im Isra­eliti­schen Altersheim Gailin­gen. Dies war sein letzter freiwilliger Aufenthalt, später wurde Moritz in die Heil- und Pflegeanstalt in Wiesloch/Pfalz eingewie­sen. Von hier wurde er aufgrund seines jüdischen Glaubens am 10. Juli 1942 von der Gestapo Heidelberg abgeholt und in ein „Abwanderungslager“ nach Stuttgart überführt. Am 13. Juli 1942 wurde er in einem Transport in ein Vernichtungslager ins „Generalgouvernement“ nach Auschwitz oder Warschau deportiert. Moritz wurde wahrscheinlich in Auschwitz ermordet, dies erfuhr die Familie aber erst viele Jahre später.


 

Das eigene Etagengeschäft musste aufgrund der Boy­kottmaßnahmen im Februar 1934 geschlossen werden und Alfred Kleinberger war gezwungen sein Waren­lager zu verschleudern.

Nach der Auswan­derung seiner Frau und Tochter 1934 in die Schweiz musste er auch die Wohnung aufgeben und es erfolg­ten mehrere Umzüge innerhalb von Konstanz. Zunächst kam er in der Sigis­mundstraße 14 unter, zog aber wenige Monate später in die Saarlandstraße 13, wo er etwa ein Jahr blieb. Ein weiteres Jahr wohnte er in der Gütlestraße 2. Ab Oktober 1936 bis zu seiner endgültigen Ausreise 1938 kam er in der Blarerstraße 34 unter.

 

1934 oder etwas später soll er von der Gestapo kurz­zeitig inhaftiert worden sein. Ob und wann er inhaftiert wurde, ist nicht weiter bekannt. Er soll von Verwandten freigekauft worden sein.

Nach der Ausreise von Frau und Tochter arbeitete er weiterhin als kaufmännischer  Angestellter in der Kleinberger & Co. GmbH Konstanz (Baden) Taschen­tuch­fabrikation. Dort war er laut Unterlagen vom 1. Januar 1932 bis März 1938 im Büro tätig.

Nach eigenen Angaben wurde er jedoch nach der Machtergreifung zu einem einfachen Angestellten mit entsprechend niedrigeren Bezügen deklassiert.

Nachdem er durch die 1936 erfolgte "Arisierung" des Betriebs im Frühjahr 1938 seine Anstellung in der Taschentuchfabrik verlor, folgte er am 25. März 1938 seiner Frau und seiner Tochter nach Bern in die Schweiz.

In der Schweiz galt für ihn bis zum 1. Juli 1949 ein Arbeitsverbot. Zudem  musste er als „Emigrant“ 1942 in ein Arbeitslager (offizielle Bezeichnung: „Arbeitsla­ger für Emigranten“) im Tessin, sein Eintritt in das Lager erfolgte am 23. Juni 1942. Aufgrund einer schweren Erkrankung durfte er das Lager bereits am 24. Juli 1942 wieder verlassen und zurück zu seiner Familie nach Bern ziehen.

In Bern durfte er allerdings weiterhin keine Erwerbs­tätigkeit ausüben und war auch nach Kriegsende fortan auf die finanzielle Unterstützung von Verwand­ten angewiesen, da er nach Ende des Arbeitsverbots 1949 aufgrund seines Alters und der angegriffenen Gesundheit keine Arbeit mehr finden konnte. Unter­stützt wurden er und seine Familie vor allem von dem Onkel Leopold und seinem Cousin Ernst.

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Alfred KLEINBERGER, 1950
mit Enkelin Monique
 

 

 

Alfred Kleinberger verstarb am 12. Januar 1965 infolge eines Herzinfarkts in der Schweiz.

 

 

 

 

 

 

 

 

Recherche: Schüler und Schülerinnen der Hegau-Bodensee-Seminargruppe „Spurensuche“: Jessica Böhme, Franziska Eble, Paul Ellsiepen, Linus Kulman, Tim Kuppel, Gaia Quintini, Jasmin Ye mit  Petra Quintini und Manuel Boxler

Patenschaft: Jan Krahnen

Quellen:

Engelsing, Tobias (2015). Das Jüdische Konstanz. Blütezeit und Vernichtung. Konstanz: Südverlag

Staatsarchiv Freiburg: Entschädigungssache Alfred Kleinberger, Personalakten, F 196/1 Nr. 3977

Staatsarchiv Freiburg: Zivilprozessakten Alfred Kleinberger, F 166/3 Nr. 5143

Staatsarchiv Freiburg: Kleinberger, Moritz (Erben) StAF F196/1 Nr. 4800

Staatsarchiv Freiburg: Kleinberger, Moritz (Erben), Krankenakte der Heil- und Pflegeanstalt Konstanz  StAF B 822/1 Nr. 2145/2

Privatarchiv Angehörige (M.S., Schweiz)

 

Alle Fotos: Privatarchiv Angehörige (M.S., Schweiz)