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Stolpersteine Konstanz

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Klara SEEWALD, geb. WEIL,  1882 – 1960

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geb. 31.5.1882, Konstanz

 

DEPORTIERT 1940

GURS

FLUCHT 1941

PORTUGAL

USA

 

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Bodanstraße 4 heute
(2019)
 

Foto: Maik Schluroff

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Stolperstein für Klara SEEWALD
verlegt am 1.11.2019

Ehemann: Samuel SEEWALD, Kinder: Meta SEEWALD (*1905), Walter SEEWALD

 

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Klara SEEWALD
Foto ca. 1941

Bildquelle: ancestry.com

 

Klara Seewald wurde als Klara Weil am 31.5.1882 in Konstanz geboren. 1904 heiratete sie Samuel Seewald in Konstanz.

Ihr Mann hatte zunächst ein Textilgeschäft in der Oberen Laube, später in der Münzgasse und schließlich in bester Lage in der Bodanstraße 18. Die Bodanstraße wurde später von den Nazis in Saarlandstraße umbenannt.

 

Das Ehepaar hatte zwei Kinder: Meta (9.4.1905 - 4.5.1994) und Walter Joseph (10.11.1912 – 5.12.1970). Das Geschäft war ein Familienunternehmen, da auch ihre Kinder Walter und Meta mit ihrem Mann Martin Löwenstein im Geschäft tätig waren. Wenn Samuel Seewald auf Geschäftsreise war – und das war häufig der Fall –, führte seine Frau das Geschäft. Das Geschäft ging gut, viele Beamte und besser Verdienende waren unter den Kunden. Als die Nazis am 1. April 1933 zum reichsweiten Boykott jüdischer Geschäfte aufriefen, wurde auch an das Schaufenster von Seewalds Textilgeschäft ein Plakat mit der Aufschrift „Deutsche! Wehrt Euch! Kauft nicht bei Juden!“ angebracht.

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Beispielbild für den Boykott jüdischer Geschäfte

Bildquelle: Bundesarchiv, Bild 102-14468 / Georg Pahl / CC-BY-SA 3.0

 

 

Im September 1938 emigrierte ihre Tochter Meta mit ihrem Mann Martin Löwenstein in die Vereinigten Staaten, nach Chicago. In den USA trugen sie fortan den Namen Livingston. Wenige Monate später, im Dezember 1938, emigrierte auch ihr 16-jähriger Sohn Walter in die USA. Er wohnte in den ersten Jahren bei seiner Schwester Meta in Chicago. Walter Seewald wurde später amerikanischer Staatsbürger und kämpfte im Zweiten Weltkrieg gegen Deutschland.

 

Nach der Pogromnacht vom 9./10. November bemühte sich auch das Ehepaar Seewald um die Ausreise in die USA. Offensichtlich hatte sich Samuel Seewald aber zu spät um die nötigen Papiere gekümmert. Auf der Einwohnermeldekarte von Samuel Seewald befindet sich nämlich ein Eintrag von Ende Juli 1939, der lautet: „Möchte nach Amerika auswandern. Hat hohe Nummer. Kann noch Jahre dauern.“ Im Juli 1940 musste das Ehepaar Seewald seine angestammte Wohnung in der Bodanstraße 4 verlassen und in ein sogenanntes Judenhaus in der Bodanstraße 25 umziehen. Judenhäuser waren im Nazi-Behördendeutsch Häuser, die Juden gehörten und in denen nur Juden wohnen durften.

 

Am 22. Oktober 1940 wurde das Ehepaar Seewald zusammen mit 108 anderen Konstanzer Juden nach im Südwesten Frankreichs am Fuß der Pyrenäen deportiert. Im Lager litt Klara Seewald wie alle Internierten unter der Hitze im Sommer, der Kälte im Winter und dem häufigen Regen, der die Wege im Lager im Schlamm versinken ließ.

 

Hunger, katastrophale hygienische Verhältnisse und Krankheiten wie die Ruhr und Durchfall, aber auch Läuse, Flöhe und Wanzen setzten den Menschen arg zu. Im Februar 1941 gelang es einer amerikanischen Quäker-Organisation, 500 bis 600 Gefangene im Lager mit Lebensmittel und Kleidung zu versorgen. Auch Klara Seewald gehörte zu den Begünstigten; die Zuwendung aus dieser Spende rettete ihr wahrscheinlich das Leben.

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Karteikarte, Lager Gurs, von Klara SEEWALD

Bildquelle: Archives départementales des Pyrénées-Atlantiques, Pau, Frankreich

 

Während das Ehepaar Seewald im Lager Gurs interniert war, finanzierte und organisierte ihr Schwiegersohn Martin Löwenstein (Livingston) von Chicago aus die Ausreise seiner Schwiegereltern in die USA.

Nachdem die Ausreisepapiere für das Ehepaar Seewald bei der Lagerleitung eingetroffen waren, erhielt Klara Seewald die Erlaubnis, mit der Bahn von Gurs in das über 600 Kilometer entfernte Marseille zu fahren, wo sie erneut interniert wurde, diesmal im Hotel „Bompard“. Das Hotel war eine Zwangs­unterkunft für größtenteils jüdische Frauen mit ihren Kindern, die auf ihre Ausreise warteten. Zeitweise waren hier bis zu 150 Frauen und mit ihren Kindern untergebracht. Anfang April 1941 durfte auch ihr Mann das Lager Les Milles (bei Aix-en-Provence) verlassen, in das er zwischenzeitlich verlegt worden war, und nach Marseille fahren. Ende August 1941 wurden beide aus dem Gewahrsam der französischen Behörden entlassen. Klara Seewald war 10 Monate und 16 Tage inhaftiert.

 

Mit der Bahn fuhr das Ehepaar Seewald von Marseille über Spanien nach Portugal und schiffte sich Anfang Dezember 1941 in Lissabon nach Havanna (Kuba) ein. Eine zunächst für den 11. Dezember gebuchte Schifffahrt nach Miami/Florida scheiterte. Stattdessen fuhr Klara Seewald mit ihrem Mann am 20.12.1941 mit dem Dampfschiff S.S. Mexico von Havanna nach New York, das die beiden am 23. Dezember erreichten. Sie reisten dann weiter nach Chicago zu ihrer Tochter Meta Livingston (Löwenstein). Klara und Samuel Seewald kamen „ohne Kleidung und auch körperlich in miserablem Zustand“ in den USA an, so erinnerte sich ihre Tochter.

 

Die deutschen Behörden hatten Klara Seewald, wie vielen anderen Juden auch, die Staatsbürgerschaft aberkannt. 1942 wurde Klara US-Staatsbürgerin.

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Klara SEEWALD, Antrag auf Einbürgerung in die USA
("Petition for Naturalization")
vom 16.03.1942

Bildquelle: ancestry.com

 

Walter Seewald, ihr Sohn, der 1938 in die USA emigriert war, besuchte nach dem Krieg als amerikanischer Soldat Konstanz, um Nachforschungen über den Verbleib des elterlichen Hausrats anzu­stellen. Er hatte keinen Erfolg, denn dieser wurde aller Wahrscheinlichkeit am 6. und 7. Januar 1941 im Konzil öffentlich versteigert - wie auch der Besitz aller anderen Juden, die nach Gurs deportierten wurden.

 

Nach dem Krieg führte Klara Seewald einen langwierigen und zermürbenden Kampf gegen die deutschen Behörden, um als Opfer des National­sozialismus anerkannt und entschädigt zu werden. 1957 attestierte ihr ein badischer Regierungsarzt, ohne sie je untersucht zu haben, dass sie im Lager Gurs 1940 nicht wegen der katastrophalen Lebens­verhältnisse an Ruhr erkrankt sei, sondern weil ihr Zwölf­fingerdarm eine Anomalie aufweise. Klara Seewald war nicht die Einzige, die im Lager an Ruhr erkrankt war. Nachweislich starben in Gurs im Winter 1940/1941 hunderte Internierte an der Ruhr und an Diphtherie. 1959 wurde ihr eine einmalige Entschä­digung und eine kleine Rente zugestanden.

 

Klara Seewald hat ihre alte Heimat Konstanz nie wieder gesehen.

Sie starb am 10. Oktober 1960 in Dayton, Ohio.

 

Recherche: Uwe Brügmann

Patenschaft: Dr. Ronald Hübner

Quellen:

Archives départementales des Pyrénées-Atlantiques, Pau, Frankreich

Stadtarchiv Konstanz

Staatsarchiv Freiburg, Entschädigungsakten F 196/1; 3114, F 166/3; 6495; F 166/3, Nr. 3665; F 166/1, Nr. 6092; P303, 4 2554

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