1940: geb. am 14.6., Osterode 1944: Einweisung Heilanstalt Kaufbeuren 1944: Ermordung am 8.12.1944, Kaufbeuren |
Gottlieber Str. 10 heute Foto: W. Mikuteit |
Stolperstein für Rolf MÜHLHAHN |
Rolf Mühlhahn wurde am 14.6.1940 in Osterode im Harz geboren. Der 2. Weltkrieg dauerte bereits 9 Monate und genau an diesem Tag marschierte die deutsche Wehrmacht in Paris ein. Die T-4 Aktion im Deutschen Reich war in vollem Gange. Rolfs Leben wurde viereinhalb Jahre später, ein halbes Jahr vor Kriegsende, in Kaufbeuren qualvoll beendet. Er gehörte zu den ca. 5000 sogenannten „Reichsausschusskindern“ Der sogenannte "Reichsausschuss zur wissenschaftlichen Erfassung von erb- und anlagebedingten schweren Leiden" in Berlin diente dabei als zentrale Tarnorganisation. Ärzte, Hebammen und Krankenhäuser hatten per Formblatt alle Kinder zu melden, bei denen schwere Leiden, wie z.B. Idiotie festgestellt wurde., die alle dasselbe Schicksal wie Rolf teilten, über 200 von ihnen alleine in der Heil- und Pflegeanstalt Kaufbeuren.
Rolf war der Sohn von Luise Mühlhahn, geb. Koch, und Otto Mühlhahn. Aus der Ehe gingen noch weitere Kinder hervor, Sigrid (geb. 1938) und Dieter (geb. 1941 ). Herr Mühlhahn zog im November 1940 aus beruflichen Gründen nach Konstanz in die Gottlieber Str. 10, seine Familie kam im Februar 1941 nach. Der kleine Rolf hatte bereits in seinem 1. Lebensjahr epileptische Anfälle. Er wurde 1942 an der chirurgischen Klinik Tübingen am Kopf operiert. Sein körperlicher Zustand verschlechterte sich jedoch, die Häufigkeit der Krampfanfälle nahm zu. Nach einem weiteren Klinikaufenthalt in Emmendingen, zwischenzeitlich auch wieder bei den Eltern in Konstanz, wurde er am 20.10.1944 in der Heil- und Pflegeanstalt im bayrischen Kaufbeuren aufgenommen, wo er am 8.12.1944 starb. Erhalten geblieben ist die Kopie eines Schreibens der Heil- und Pflegeanstalt Kaufbeuren vom 8.1.1945 an das Standesamt Kaufbeuren. Darin wird gebeten, dem Vater Otto Mühlhahn eine Sterbeurkunde seines Sohnes Rolf zuzustellen. Den Eltern Mühlhahn wurde mitgeteilt, dass ihr Sohn auf Grund eines epileptischen Anfalls plötzlich verstorben sei. Die grausame Wahrheit wurde damit bewusst verschleiert. Tatsache ist, dass Rolf durch einen Beschluss des sog. Reichsausschusses, einer Einrichtung, welche die Kinder-"Euthanasie" vorbereitete, von der Heil- und Pflegeanstalt Emmendingen in die Kinderfachabteilung der Heil- und Pflegeanstalt Kaufbeuren überwiesen wurde. |
Dort wurde er durch Überdosen an Medikamenten ermordet. Diese Überdosierung führte dazu, dass die Lunge immer mehr verschleimte und sich dadurch eine Lungenentzündung entwickelte. So erhielt man eine „natürliche“ Todesursache. Nach der Beendigung der T-4 Aktion im August 1941 ging die Ermordung von Kranken unvermindert weiter. In der Anstalt Kaufbeuren gab es von 1941–1946 eine Kinderfachabteilung zur “Erforschung von erb- u. anlagebedingten schweren psychischen Leiden“ unter dem einstigen Reformpsychiater Valentin Faltlhauser. Er „perfektionierte“ die Ermordung der Patienten im Sinne der NS–Ideologie durch die Verabreichung von Spritzen oder die Gabe von Tabletten. Bereits im Jahre 1942 referierte Faltlhauser im bayrischen Innenministerium über seine Erfahrung mit einer weiteren sehr effizienten Mordmethode. Durch die Verabreichung einer fettlosen Sonderkost verhungerten die Patienten innerhalb von drei Monaten. Daraufhin wurde im sog. Hungererlass verfügt, dass die Anstaltsdirektoren entsprechende Maßnahmen zu ergreifen hätten. Faltlhauser wurde nach Kriegsende verhaftet und zu 3 Jahren Haft verurteilt. Die Strafe musste er aus gesundheitlichen Gründen nie antreten. Er starb unbehelligt 1961 in München. Rolf Mühlhahns Urne befand sich unter den in Konstanz im Jahre 1983 aufgefundenen Urnen von Opfern der sog. Euthanasiemorde und wurde im selben Jahr an einem Mahnmal auf dem Konstanzer Friedhof bestattet. Dort findet sich die nüchterne Inschrift: Mühlhahn, Rolf 1940-1944.
Gedenkstein für Rolf MÜHLHAHN : Foto: Maik Schluroff (Zustand Nov. 2019)
Recherche: Roland Didra Patenschaft: Birgit Arnold |
Quellen: Stadtarchiv Konstanz Wikipedia Privatarchiv Didra Informationen aus dem hist. Archiv Bezirkskrankenhaus Kaufbeuren |