1888: geb. Krakau 1939: verhaftet "Devisenvergehen" 1943: KZ AUschwitz
|
Bodanstraße 25 Bild: © Wolfram Mikuteit |
Stolperstein für Irma BAHL |
Irma BAHL, 1939 Quelle: Staatsarchiv Ludwigsburg
Irma Bahl wurde am 9. Mai 1888 in Krakau, im damaligen österreichischen Galizien geboren. Ihre Eltern waren Adolf Gutter und Jetti Gutter, geb. Sonnenfeld. Irma Bahl hatte fünf Geschwister. Wie die Kinder vieler assimilierter Juden, wurde Irma evangelisch getauft. Noch vor 1900 zogen ihre Eltern von Krakau nach Breslau und wenig später nach Zürich, wo ihre Mutter eine Schule für Zuschneider eröffnete. Nach ihrer Schulentlassung 1909 arbeitete Irma Bahl zwei Jahre in Genf und Brüssel als Erzieherin bei einer befreundeten Familie. In Genf lernte sie ihren ersten Ehemann Paul Heimberger (geb. 1888 in Spremberg) kennen. Die Heirat fand 1911 in England statt. 1912 kam ihr gemeinsamer Sohn Gerd in Zürich zur Welt. 1913 übersiedelte Irma Bahl nach Deutschland, wo ihr Mann in Spremberg (Lausitz) eine Tuchfabrik betrieb. 1916 wurde die Ehe geschieden. 1918 heiratete sie den Opernsänger Konrad Bahl. Ihr Mann starb 1920 an einer Kriegsverletzung. Sie bezog nun eine kleine Witwenrente von 120 Reichsmark. Seit November 1927 lebte Irma Bahl mit ihrer Mutter in München. Ihren Lebensunterhalt besserte sie durch Schneidern auf, da ihr Vermögen durch die Inflation verloren gegangen war. Am 1. April 1935 übersiedelte sie mit ihrer Mutter nach Konstanz, um näher bei ihren Verwandten in Zürich zu sein; ihre Mutter starb 1937 in Konstanz. Von ihrer Mutter erbte Irma Bahl eine Reihe in- und ausländischer Wertpapiere, die in Zürich von einer Privatbank verwaltet wurden. Nachdem Tod ihrer Mutter erbte sie diese Papiere und verfügte jetzt über Schweizer Franken. Sie besuchte jetzt öfter ihre Verwandten in Zürich. Als deutsche Staatsbürgerin hätte sie den Besitz von Schweizer Franken jedoch dem Finanzamt melden und dem deutschen Staat zum Ankauf anbieten müssen, was sie jedoch aus Unkenntnis der deutschen Devisenbestimmungen nicht tat. Zum Verhängnis wurde ihr das Abkommen zwischen Deutschland und der Schweiz vom 5. Oktober 1938. Dieses Abkommen sah die Kennzeichnung der Pässe der deutschen Juden mit einem roten „J“ (für Juden) vor. Die Schweiz wollte damit verhindern, dass jüdische Emigranten ohne Visum ins Land einreisen konnten. Irma Bahl konnte nun nicht mehr nach Zürich fahren. Daraufhin fälschte sie den Schweizer Reisepass ihrer verstorbenen Mutter. Mit dem gefälschten Pass reiste sie im März 1939 nach Paris und genoss dort ein paar unbeschwerte Tage. Bei der Einreise von Kreuzlingen nach Konstanz am 31. März 1939 fiel einem deutschen Grenzbeamten der gefälschte Pass auf. Irma Bahl wurde verhaftet und in das Landgerichtsgefängnis Konstanz eingeliefert.
Irma BAHL, 1939 Quelle: Staatsarchiv Ludwigsburg |
Am 6. September 1939 wurde Irma Bahl vom Landgericht Konstanz wegen Verstoßes gegen die Devisenbestimmungen und Passfälschung zu 15 Monaten Gefängnis verurteilt. In den Prozessakten wurde sie als Sprachlehrerin bezeichnet. Wahrscheinlich beherrschte sie Englisch, Französisch und Polnisch. Die Passfälschung schlug bei der Urteilsbemessung mit 4 Monaten Gefängnis zu Buche, die übrigen 11 Monate wegen Devisenvergehens. Die Geldstrafe von 1 000 RM galt durch die Untersuchungshaft als getilgt. Staatsanwalt in diesem Prozess war der Landgerichtsrat Ernst Schleyer (1882 - 1959), der Vater des späteren Arbeitgeberpräsidenten Hanns Martin Schleyer. Ernst Schleyer war ein Karrierist und überzeugter Nazi. Für seinen Einsatz für die Partei wurde ihm das „Goldene Treuedienst-Ehrenzeichen“ verliehen, eine Auszeichnung Hitlers für „verdiente Staatsdiener“. Nach dem Krieg wurde Ernst Schleyer aus dem Staatsdienst entlassen. Am 10. Oktober 1939 wurde Irma Bahl in das Frauengefängnis Gotteszell in Schwäbisch Gmünd überführt.
Gefängnis Gotteszell, Auszug aus der Personalakte: Quelle: Staatsarchiv Ludwigsburg
Dort war sie bis zum 6. Dezember 1940 in Haft. Nach ihrer Freilassung wies man ihr als Aufenthaltsort Magdeburg zu. Die dortigen Behörden verweigerten ihr aber den Aufenthalt in der Stadt. Daraufhin zog sie nach Berlin. Sie wohnte in der Oranienburger Straße 20, ganz in der Nähe der in der Pogromnacht 1938 zerstörten Synagoge. Später zog sie nach Alt Moabit um, in ein sogenanntes Judenhaus. Judenhäuser waren im Nazi-Jargon Häuser, die Juden gehörten und in denen nur Juden wohnen durften.
Am 2. März 1943 wurde Irma Bahl mit dem 32. Osttransport von Berlin nach deportiert. Abgangsbahnhof war Berlin-Moabit. Einen Tag später kam der Transport in Auschwitz an. Von den 1529 Frauen und Männern des Transports überlebten nur 150 Männer, die im Lager zur Zwangsarbeit herangezogen wurden.
Irma Bahl wurde am 3. März 1943
Recherche: Uwe Brügmann. Patenschaft: Uwe Brügmann |
Quellen: ITS Arolsen Stadtarchiv Konstanz Staatsarchiv Ludwigsburg, Prozessakte E 356 i Bü 2729 Stadtarchiv Schwäbisch Gmünd Staatsarchiv Freiburg, D 81/1 Nr. 573, 1-3 |